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Stellungnahme der DGINA zu den Eckpunkten für eine Notfallreform

17. Januar 2024

Stellungnahme der DGINA zu den Eckpunkten für eine Notfallreform

Das Bundesgesundheitsministerium hat am 16. Januar 2024 Eckpunkte zur Notfallreform vorgelegt. Sie basieren auf Empfehlungen der Expertenkommission des Gesundheitsministeriums und auf Beratungen in einer Bund-Länder Arbeitsgruppe.

Die DGINA begrüßt die Eckpunkte des Bundesgesundheitsministerium zur Notfallreform, in die viele Aspekte eingeflossen sind, die zu einer deutlichen Verbesserung des belasteten Notfallsystems führen können. Einige wichtige Aspekte benötigen weitere Konkretisierung.

 „Verbesserte Patientensteuerung durch Ausbau und Stärkung der Terminservicestellen und deren Vernetzung mit den Rettungsleitstellen“ 

Eine sehr wichtige Neuerung ist die frühzeitige Steuerung der Patientinnen und Patienten über eine Vernetzung von 116117, Terminservicestelle (TSS) und der Notrufnummer 112. Diese telefonische und/oder telemedizinische Steuerung vor Eintritt in die Notfallversorgung muss stets erreichbar und mit festgelegten Reaktionszeiten so qualitätsgesichert sein, dass sie für die hilfesuchenden Patienten mit einer akuten Gesundheitsstörung niederschwellig verfügbar ist und keine Gefährdung durch eine verzögerte Notfallbehandlung besteht. 

Aus Sicht der DGINA sollten möglichst  alle Hilfesuchenden mit akuten Erkrankungen dieses präklinische Steuerungselement nutzen. Nur auf diese Weise kann der grundsätzlich positive Effekt einer präklinischen Beratung vor Eintritt in das Notfallversorgungssystem die erwünschten Wirkungen entfalten.

Zusätzlich kann auch eine 24/7 verfügbare abschließende telemedizinische Behandlung über Beratungsärzte vermittelt werden. Ebenfalls zu begrüßen ist die konkrete Vermittlung von Akutterminen in Vertragsarztpraxen und die Vorhaltung eines aufsuchenden Dienstes in Verbindung mit einer Kooperation z.B. mit Gemeindenotfallsanitätern. 

Stärkung der bundesweit einheitlichen notdienstlichen Akutversorgung der KVen durch Konkretisierung des Sicherstellungauftrages 

Die Konkretisierung des Sicherstellungsauftrages in §75 Abs. 1 b SGB V festzuschreiben, wird hoffentlich jahrzehntelange Diskussionen über den erforderlichen Leistungsumfang und die Qualifikation im Rahmen der Sicherstellung beenden.

„Einrichtung Integrierter Notfallzentren (INZ) und integrierter Kindernotfallzentren (KINZ) als sektorenübergreifende Behandlungsstruktur“

Die Einrichtung von Integrierten Notfallzentren (INZ), bestehend aus einer klinischen Notfallabteilung, Notdienstpraxis und einer Einheit für die gemeinsame Ersteinschätzung mit Steuerungsfunktion unter der Leitung des Krankenhauses ist zu begrüßen. Die Festlegung auf verpflichtende Öffnungszeiten ist sehr sinnvoll, allerdings insbesondere in Ballungsräumen erscheinen die Öffnungszeiten jedoch zu kurz. Auf jeden Fall ist die gesetzliche Festlegung von Mindestöffnungszeiten ein wichtiger Schritt, aber zu kurze Öffnungszeiten werden zu einer erhöhten Belastung von klinischen Notfallabteilungen und des aufsuchenden Notdienstes führen. Die Übernahme der Aufgaben der Notfallpraxis durch die Kliniken zu ungünstigen Zeiten außerhalb vorgegebener Zeiten muss endlich finanziell so ausgestattet sein, dass das zusätzlich notwendige Personal auch angeworben werden kann.

Die Weiterleitung in vertragsärztliche Praxen bei geschlossener Notdienstpraxis soll ermöglicht werden, aber nur in Ausnahmefällen allein auf der Grundlage eines standardisierten Ersteinschätzungsverfahrens. Die Weiterleitung in Partnerpraxen nach einer ambulanten ärztlichen Behandlung in der Notaufnahme mit konkreter Terminvermittlung ist sinnvoll, die Weiterleitung aufgrund nur einer Ersteinschätzung ohne weitere ärztliche Behandlung wird nach wie vor von der DGINA außerhalb von Studien abgelehnt. Bisher fehlen wissenschaftliche Daten zu Ersteinschätzungssystemen, die den Zweck erfüllen, diese Patienten ohne Behandlung aus Notfallzentren an einen entfernten Behandlungsort weiterzuleiten. Damit kann das damit verbundene Risiko nicht abgeschätzt werden. Die DGINA hofft, dass die Steuerung durch eine verpflichtende präklinische Steuerung über die Leitstelle so effektiv wird, dass eine Weiterleitung ohne ärztliche Evaluation aus Notfallzentren vermieden wird.  

Notaufnahmen müssen auch weiterhin ihren Versorgungsauftrag, die Abklärung eines stationären Behandlungsbedarfs erbringen können, so dass die auch daraus resultierende ambulante Behandlung zwingend abrechenbar sein muss. Der § 120 Abs. 3b SGB V wird kritisch gesehen, da es keine gültige Definition des Hilfesuchenden gibt und Patienten unabhängig ihrer Vorstellungsart in relevantem Maße zeitkritisch krank sein können. Leider wurden bislang alle Stellungnahmen medizinischer Fachgesellschaften einschließlich der DGINA zur Ersteinschätzung auch durch den G-BA ignoriert.

Die Festlegung der INZ Standorte nach bundeseinheitlichen Rahmenvorgaben und die Letztentscheidung des Landes hierzu ist grundsätzlich zu begrüßen, ebenso wie die Festlegung von Standards zur Ausstattung von Notdienstpraxen. Allerdings bleibt offen, durch wen und nach welchen Kriterien die Rahmenvorgaben für die Standorte festgelegt werden. 

Die Aufnahme des Rettungsdienstes als eigenständigen Leistungsbereich in das SGB V mit der Entwicklung von bundesweiten Vorgaben für die Leistungserbringung wird die Rolle des Rettungsdienstes als medizinischen Leistungserbringer auch unabhängig von der Transportleistung stärken. Die Entwicklung alternativer Einsatzdienste greift das Modell der bedarfsgerechten Steuerung aus den Vorschlägen der Regierungskommission auf.

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  • Veröffentlicht: 17. Januar 2024

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